Ulrike Bergermann (Hg.)
Disability trouble
Ästhetik und Bildpolitik bei Helen Keller
Jahr
ISBN
Seiten
Preis in €
2013
978 3 942214 09 4
328
27
Die meistfotografierte Behinderte des 20. Jahrhunderts war die taubblinde us-amerikanische Sozialistin Helen Keller (1880-1968).
Sie hat sich mit ihrer Lehrerin Anne Sullivan zunächst Eingang in
die Ordnungen des Sicht- und Tastbaren erkämpft, um diese dann zu
feiern - und zu kritisieren. Berühmt ist die emblematische Szene,
in der das taubblinde Mädchen wie durch einen Lichtstrahl erhellt
plötzlich das Wesen der Sprache am Brunnen versteht und die Welt
mit dem Fingeralphabet erkundet. Dass es studiert, Autorin wird
und als Rednerin ihren Lebensunterhalt verdienen wird, dass sie
darin ebenso zur "Botschafterin der USA" wird wie ihre Geldgeber
durch ihre sozialistische Wende brüskiert, steht den Vorstellungen
von Weiblichkeit wie von Behinderung entgegen. Denn sinnliche
Zugänge zur Welt, die Sinne der Welt, das Wissen von den Sinnen -
die ganze Vorgängigkeit der körperlichen Eigenschaften scheint die
Zugänge zur Welt zu regeln. Was ich sehen oder fühlen kann, ist
nun gleichermaßen geregelt von den gesellschaftlichen
Wahrnehmungsbedingungen, Zugang und Teilhabe, wie von den Ideen,
die über die Vorgängigkeit meines Körpers, seine Natürlichkeit und
Befähigung zirkulieren. Solche hegemonialen Diskurse strukturieren
unsere Wahrnehmung, die Wahrnehmbarkeit von Dingen, die
Restriktionen der sinnlichen Eindrücke, sogar unsere Affekte.
Rancière sprach von den "Aufteilungen des Sinnlichen", die
festlegen, was wir wahrnehmen, tun und sagen können und wofür wir
blind oder taub sind - sie konstituieren Gemeinschaften. Die
Beiträge des Bandes stellen diese Fragen entlang der enormen
Bildproduktion, die sich in unzähligen Pressefotos, aber auch in
Filmen, Comics, satirischer und künstlerischer Umsetzung durch das
20. Jahrhundert zieht. Was sieht man auf den Bildern (wird Haptik
visualisiert oder vermieden), wie lesbar sind Weiblichkeit oder
Asexualität, Emanzipation oder Eugenik, Neuregelungen von Ein- und
Ausschlüssen? Wo Bilder des politischen Aktivismus fehlen, werden
andere Politiken sichtbar.
Ulrike Bergermann: Einleitung
Ulrike Bergermann: Ability Trouble. Helen Kellers Handästhetiken
Katharina Sykora: Mit anderen Augen sehen
Stefanie Diekmann: Helen Keller Photo Album
Lisa Gotto: Ent/Fernen.
Zur Ausstellung einer distanzierten Nahbeziehung
Karin Harrasser: Der Hund kann überhaupt nicht sprechen!
Das Drama der Autonomie und die Verkettung der Zeichen
Petra Lange-Berndt: Kellers Hundeschaft. Canine Gefährten
Kim E. Nielsen: Civic Fitness. Helen Keller, die Politik
staatsbürgerlicher Teilhabe und Behinderung
Thomas Etzemüller: Bildstörungen?
Helen Keller und die Eugenik
Mara Mills: Print disability.
Die Ko-Konstruktion von Blindheit und Lesen
Ole Frahm: „Helen Killer“ und andere Comicfiguren
nach Helen Keller
Kathrin Peters: Stumme Details. Zu Deliverance (USA 1919)
Heike Klippel / FlorianKrautkrämer: Am Ende war das Wort.
The Miracle Worker (USA 1962)
Susanne Leeb: Fluchtverwandlungstheater
nach Catherine Sullivan
Larissa Bellina: The Unconquered (USA 1954) –
Inklusion im Filmbild
Christine Hanke: „This is gonna be the best version of The Miracle Worker ever!“. Mediale Transformationen in der South Park-Folge Helen Keller – The Musical
Henriette Gunkel: Spiegelungen von color bars?
Keller in Südafrika, 1951
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Gestaltung Feser/berlin, nach Entwurf v. M. Dreyer
Reihe PoLYpeN bei b_bbooks herausgegeben von Sabeth Buchmann, Helmut Draxler, Clemens Krümmel, Susanne Leeb
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